Tephrachronologie

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Die geologische Karte von Rheinland-Pfalz zeigt im Vulkanfeld der Westeifel über 250 vulkanische Strukturen (Abb. 1). Die meisten davon sind Schlackenkegel, die aus einem Wechsel von dunklen blasigen und gasreichen Schlacken mit Lagen von feinkörnigen grauen Aschen und eingeschalteten Basaltströmen („strombolianischer“ Eruptionstyp) abwechseln. Da einige dieser Basaltströme in der Westeifel Einschlüsse von Sanidin und Leucit d.h. kaliumhaltige Minerale enthalten, welche radioaktives Argon produzieren, konnten diese mit der Ar/Ar Methode datiert werden. Die allermeisten Schlackenkegel der Westeifel sind allerdings undatiert, werden aber zeitlich in das Quartär eingestuft.

Abb. 1) Geologische Karte von Rheinland-Pfalz mit Lokationen der vulkanischen Strukturen (Vulkane, Schlackenkegel, Maare)

68 der Vulkanstrukturen sind Maare, d.h. tiefe Aussprenglöcher mit einem randlichen Wall des Auswurfs, der aus Bruchstücken des Umgebungsgesteins besteht (Abb. 2). In der Siebfraktion der Tephren aus den Maarsedimenten findet man vor allem graue und rote Sandsteinbruchstücke (Abb. 4). Steigen diese Nebengesteinsanteile über 25 %, so werden sie zum deutlichen Abgrenzungsmerkmal von Maartephren gegen Tephren strombolianischer Schlackenkegel. Denn diese enthalten nur wenig Nebengestein, und bestehen zu mehr als 40% aus Magmen, die ihnen in vielen Fällen eine tiefschwarze Farbe verleihen (siehe Fotos der Markertephra am Ende des Textes).

Abb. 2) Typische Tuffwälle mit roten und grauen Nebengesteinsanteilen

Die tiefen Aussprengtrichter der Maare entstehen, wenn beim Aufstiegs einer heissen, aber gasarmen Schmelze in ca. 100 m Tiefe auf Grundwasser trifft und dieses in den Gesteinsporen- und Klüften über den Siedepunkt erhitzt. Der Druck des Wasserdampfes sprengt dann das überdeckende Gestein weg („phreatomagmagitischer“ Eruptionstyp). Daher sind Phreatomagmatische Tephren durch hohe Anteile von Nebengestein insbesondere in der Basislage charakterisiert. Das typische Nebengestein besteht in der gesamten Eifel aus grauen Sandsteinen, nördlich von Gerolstein aber auch aus Buntsandstein. Die grundsätzliche Rot- und Graufärbung eines Tuffwalls und damit der Anteil der roten und grauen Sandfragmente in den Siebproben ist daher ein sehr wichtiger Teil der Tephrencharakterisierung, sowohl für die Herkunft als auch für den Eruptionstyp (Abb. 6b).

Das wichtigste Merkmal zur Charakterisierung einer Tephra ist die mineralisch petrographische Zusammensetzung und die sich daraus ergebende Geochemie des vulkanischen Glases. Sirocko et al. 2013 zeigen die Geochemie-Daten von vulkanischem Glas in Seesedimentproben und vergleichen die SiO2/Ca/Na Anteile mit Werten aus der Literatur für die wichtigsten (Ar/Ar datierten) Leittephren aus der Osteifel (Abb. 3b). Danach lassen sich Lagen der Laacher See Tephra (LST), Dümpelmaartephtra (DMT), Glees Tephra (GLT) und Hüttenberg Tephra (HBT) eindeutig in den Seesedimenten geochemisch nachweisen (Abb. 3). Z.B. verringert sich die Mächtigkeit der DMT kontinuierlich mit Entfernung vom Ausbruchszentrum in der Osteifel, die Farbzonierung bleibt allerdings weitestgehend erhalten (Abb. 3a)

Abb. 3 a) Aufschlußfoto der Dümpelmaartephra (DMT) am Herchenberg in der Osteifel und in den Maarsedimentkernen der Westeifel,

Abb. 3 b) Geochemische Charakterisierung des vulkanischen Glas in Ar/Ar datierten plinianischen Osteifeltephren im Vergleich zu denen in den ELSA Maarsedimenten der Westeifel.

Die Windrichtung während der Ausbruchphase lässt sich besonders gut bei den Vulkaneruptionen in der Osteifel bestimmen, da dort extrem gasreiche und damit explosive Magmen an die Oberfläche gelangten und großen Vulkanausbrüche von Typ „plinianischer Eruptionen“ verursachten; am bekanntesten ist der Ausbruch des Laacher Sees mit hohen Anteilen von Sanidin und hellgrauen schaumigem Bimspartikeln. Die hellgraue Laacher See Tephra (LST) mit einem Alter von 12 900 Jahren findet sich in sehr vielen Maarsedimentkernen – und ist damit die wichtigste Markerlage für die Tephrachronologie. Genauso wie die Laacher See Tephra ist jede Eruption durch spezifische Minerale gekennzeichnet, welche die verschiedenen Tephren petrographisch eindeutig charakterisieren und deren geochemische Zusammensetzung bestimmen (Abb. 3b).

Im Rahmen des ELSA-Projektes konnten für den letzten Glazialzyklus 12 Tephren charakterisiert werden, die zwischen den einzelnen Bohrkernen korreliert werden können (Abb. 7). Teilweise ist auch eine Korrelation zwischen den Ausbruchsstrukturen möglich. Für eine schnelle, einfache und kostengünstige Charakterisierung dieser 12 Markertephren entwickelten Förster & Sirocko (2016) eine neue Methode: Die Tephralage wird gesiebt und die Sandfraktion von 0,063 – 2,0 mm abgetrennt. Unter einem Binokular werden 100 Körner ausgezählt und in 10 verschiedene Mineral- und Gesteinsbruchstück-Klassen unterteilt (Abb. 4 und 5): Hohe Anteile an Gesteinsbruchstücken kennzeichnen die phreatomagmatischen Maareruptionen, Pyroxene die strombolianischen Schlackenkegel. Hohe Anteile von Sanidin sind typisch für plinianische Tephren wie z.B. die Tephren des Laacher Sees, Dümpelmaartephra, Glees und Hüttenbergtephra, welche alle schon durch ihre helle Farbe schnell erkannt werden können. Allerdings werden einige Sanidinmineralkörner auch bei normalen Maareruptionen mit an die Oberfläche gerissen, nämlich wenn das aufsteigende Magma „alte“ Sanidine aus einer tiefen „alten“ Magmenkammer herauslöst. Diese so genannten Xenolithe können im Fall der Dreiser Weiher Tephra (DWT) fast 20 % erreichen. Damit ist die DWT eine sehr charakteristischste Leittephra mit einem Alter von 43 000 Jahren. Das Alter der DWT ergibt sich allerdings nicht aus einer Tephren-D
atierung, sondern durch eine Korrelation zum Aueler Trockenmaar (Sirocko et al. 2016). Die Methode dieser Altersbestimmung ist hier im Kapitel „Datierungen“ beschrieben. Hieraus ergibt sich, dass die meisten Alter der ELSA Tephra Lagen aus den Seesedimenten stammen, welche sich über die letzten 60 000 Jahre auch zu den grönländischen Eiskernen parallelisieren lassen (Förster & Sirocko, 2016). Für die Tephren aus der Osteifel wurden zusätzlich die Alter aus der Datierung von van den Bogaard et al. (1989) auf die Kerne übertragen.

Die DWT ist die wichtigste Leittephra in der gesamten Eifelregion, da der Maarkrater sehr gross ist und die Winde während der Eruption die Asche in alle Richtung verbreiteten. In allen Sedimentkernen dieser Zeit findet sich die DWT Asche als 1-20 cm mächtige Lage mit den charakteristischen hohen Nebengesteinsanteilen und gleichzeitiger Sanidinkonzentration um die 20%. In allen Kernen mit einer DWT-Lage befindet sich oberhalb dieser eine sehr schwarze Tephra mit Anteilen von mehr als 60% Pyroxen. Dies ist der Auswurf des Wartgesberg Schlackenkegels, welcher nach den Datierungen der Seesedimente um 27 900 BP vor heute ausbrach. DWT, WBT und LST können benutzt werden, um die Ablagerungen der letzten 50 000 Jahre in den Maarsedimenten sehr schnell und verlässlich zu datieren.

Abb. 5) Fotos einzelner Minerale und Gesteinsbruchstücke in Siebproben der Fraktion 1-2 mm; a) perfekt idiomorphe Kristalle in den Sedimentlagen, b) die gleichen Minerale in typischer Erhaltungsqualität in den Seesedimenten.

Die dritte wichtige Leittephra ist durch das helle Mineral Leucit gekennzeichnet, welcher in den Maarsedimenten ausschließlich in einer phreatomagmatischen Ausbruch mit einem Alter von 60 000 Jahren vorkommt, der so genannten Leucittephra (Förster & Sirocko, 2016). Große Leucitminerale finden sich in der Westeifel sehr häufig in der Region „Auf Dickel“. In Maartephren konnten Leucite (und ihr Verwitterungsprodukt Analcim) aber nur rund um das Schalkenmehrener Maar gefunden werden (Käfer, 2016), welches daher mit hoher Wahrscheinlichkeit das Eruptionszentrum der Leucittephra darstellt. In den kommenden Publikationen wird die Leutittephra daher als SMT bezeichnet (Schalkenmehrener Maar Tephra). Der Ausbruch des Schalkenmehrener Maares (und damit wohl der gesamten Dauner Maar Gruppe) wird durch die Parallelisierung mit dem Kern aus dem Aueler Trockenmaar auf etwa 60 000 BP datiert (Sirocko et al., in prep.).

Untersuchungen der Tuffwälle der anderen heute noch offenen Maarseen zeigen, daß der Ausbruch des Meerfelder Maares der UT2 (sensu Förster & Sirocko) mit einem Alter von 43 900 Jahren zugeordnet werden kann (Schenk, 2016 in prep.) und die Tephren des Pulvermaares der UT3 mit einem Alter von 80 000 BP (Haake, 2016 in prep.).

Die nächst ältere Tephra, die klar zugeordnet werden kann, stammt vom Mosenbergvulkan, charakterisiert durch das Fehlen von jeglichem Nebengesteins und hohen Pyroxenanteilen (Abb. 7). Der Mosenberg wurde sowohl von Zöller (1988) aber auch von Mertz (2015) auf 90 000 BP datiert. Die geochemische Übereinstimmung der Tephralage im Kern JW3 mit dem Mosenberg wird derzeit über Mikrosondenanalysen der Pyroxene überprüft (Förster et al., in prep.).

Eine weitere wichtige Korrelationstephra durch die gesamte Ost- und Westeifel ist die Dümpelmaartephra. Diese kann nicht nur durch ihre Farbzonierung, sondern auch geochemisch in den Sedimentkernen und im Ausbruchzentrum in der Osteifel klar identifiziert werden (Abb. 3). Die DMT ist mit Lumineszenzverfahren und Warvenzählungen von Schaber & Sirocko (2005) auf 106 000 BP datiert, mittels Ar/Ar am Eruptionszentrum auf 116 000 +-11 000 BP (van den Bogaard et al. 1989) und von Mertz et al (2016) ebenfalls auf 106 000 BP.

Die älteste wichtige Tephra des letzten Glazialzyklus ist die Tephra des Jungferweihers, welcher am Ende der vorletzten Eiszeit vor etwa 120 000 Jahren ausbrach. Diese Tephra ist gekennzeichnet durch ihre Lage in den organisch reichen Sedimenten des letzten Interglazials.

Mit der oben beschriebenen Abfolge der 12 Leittephren können Sedimentkerne aus den Maaren der Eifel sehr schnell und unproblematisch datiert werden. Diese 12 Tephren stellen aber nicht alle Tephren der letzten 130 000 Jahre da, sondern nur jene, die so mächtig sind, dass sie großräumig in mehreren Kernen sichtbar werden. Kleinere regionale und lokale Tephren finden sich zwischen den 12 Leittephren in verschiedenen Kernen und sollen in einem beantragten Projekt den vollständigen Ablauf des Eifelvulkanismus und auch die vulkanologischen Prozesse erfassen.

Abb. 6) Zeitliche Einstufung der 12 Leittephren.

Abb. 7) a: Histogramme der Siebfraktionsanteile; b: Fotos aller korrelierten Tephren in den Maarsedimentkernen; c: Karten der Tephrenmächtigkeit an den einzelnen Maarlokalitäten zur Bestimmung der Windrichtung während der Ausbruchszeit [Download in voller Größe, knapp 10MB]

Literatur:

Förster, MW & Sirocko F (2016). Volcanic activity in the Eifel during the last 500 000 years: The ELSA-Tephra-Stack. Global and Planetary Change, Elsevier. doi:10.1016/j.gloplacha.2015.07.012

Käfer, L (2016). Mineralogie der Tephren der Dauner Maare. Bachelorarbeit Johannes Gutenberg Universität mainz.

Mertz DF, Löhnertz W, Nomade S, Pereira A, Prelevic D, Renne PR (2015). Temporalspatialevolution of low-SiO2 volcanism in the Pleistocene West Eifel volcanic field (West Germany) and relationship to upwelling asthenosphere. J. Geodyn.

Schaber, K & Sirocko, F. (2005): Lithologie und Stratigraphie der spätpleistozänen Trockenmaare der Eifel, Mainzer geowissenschaftliche Mitteilungen 33, 295-340.

Sirocko F, Knapp H, Dreher F, Förster MW, Albert J, Brunck H, Veres D, Dietrich S, Zech M, Hambach U, Röhner M, Rudert S, Schwiebus K, Adams C, Sigl P (2016). Landscape evolution and volcanic activity in the Eifel, reconstruction from maar sediments of the last 70000 years Global and Planetary Change Elsevier doi:101016/jgloplacha201603005.

van den Bogaard P, Hall CM Schmincke HU, York D (1989). Precise single-grain 40Ar/39Ar dating of a cold to warm climate transition in Central Europe Nature 342, 523–525.

Zöller L, Stremme H, Wagner GA (1988). Thermolumineszenzdatierung an Lösspaläobodensequenzen von Nieder-, Mittel- und Oberrhein/Bundesrepublik Deutschland. Chem. Geol. Isot. Geosci. Sect. 73 (1) 39–62.